17.12.2009

8. Sitzung - Heldentum und Initiation


Auf der Basis von Joseph Campbells The Hero with a Thousand Faces beschäftigen wir uns mit Topoi des Heldentums und mit Stadien der Initiation. Campbells "Monomythos" (ein Begriff, den er von James Joyce übernommen hat) beschreibt die immer wiederkehrende Grundstruktur der Heldensage, die seiner Ansicht nach Urängste und psychische Zustände der Menschheit widerspiegeln und sich deshalb überall auf der Welt in Sagen und Mythen finden lassen. Die Reise des Helden besteht aus drei Teilen: Aufbruch, Prüfungen und Wiederkehr. Der Held muss in eine andere Welt ausziehen, wo er initiiert wird und ein besonderes Wissen oder einen wertvollen Gegenstand erlangt. Bei seiner Rückkehr nützt dieses Wissen bzw. der Gegenstand seiner heimischen Gesellschaft, wenn es ihm gelingt, das Wissen einzugliedern bzw. weiterzugeben.

























http://hookedongrace.wordpress.com/2008/02/06/1096/


P. stellt uns neben den Monomythos auch dessen Einfluss v.a. auf Hollywoods Drehbücher vor, deren prominentestes Beispiel wohl George Lucas' Star Wars ist. Aus Arthur C. Clarkes Tagebuch geht hervor, dass Kubrick ihm The Hero with a Thousand Faces 1964 zur Lektüre gegeben hat, während die am Drehbuch zu 2001 arbeiteten. Trotzdem lässt sich der Monomtyhos hier nicht direkt wiedererkennen - vielmehr werden mehrere ineinander geschachtelte Monomythen auf mehreren Ebenen erzählt:
1. Die gesamte Menschheit bekommt den Ruf in der "Dawn of Man"-Sequenz, zieht in das Weltall als fremdartigen, lebensfeindlichen Raum aus, wo ein besonderes Wissen auf dem Jupiter gefunden werden und anschließend auf die Erde zurückgebracht werden soll.
2. Die Crew der "Discovery" ist der Protagonist, der in den Weltraum auszieht, um eine Mission zu erfüllen. Alle Besatzungsmitglieder außer Bowman scheitern, dieser überquert die Schwelle in der "Stargate"-Sequenz und gelangt so in die fremdartige Traumwelt im Hotelzimmer, wo er zum "Star Child" wird, das als erleuchetes Wesen wieder zur Erde zurückkehrt.
3. Bowman ist der durch den Tod Pooles berufene Held, der auf eine Minireise im Pod außerhalb der "Discovery" zieht und anschließend erfolgreich den Gegenspieler HAL besiegt, indem er durch eine List in die "Drachenhöhle" eintritt und den Computer ausschaltet.


K

11.12.2009

7. Sitzung - Nietzsches Übermensch


Nietzsches Konzept des Übermenschen zieht sich durch mehrere seiner Werke, wobei es nirgends eindeutig erörtert wird und mehrere Widersprüche aufweist. Entsprechend gestaltet es sich schwierig, Parallelen zu finden - die Musikuntermalung ("Also sprach Zarathustra") und zahlreiche Nietzsche heranziehende Interpretationsversuche lassen eine Verbindung zwischen Nietzsches Philosophie und 2001 vermuten.
Kommt der Monolith wie Zarathustra auf die Erde herab, um die Menschheit auf ihre nächste Stufe vorzubereiten? Ist das scheinbar aus Bowman emergierte Star Child auf dieser höheren Entwicklungsstufe angesiedelt? Ist der Übermensch vielmehr in der Technik zu sehen - in HAL, der den menschlichen Besatzungsmitgliedern überlegen scheint? Er vereint in sich die Erkenntnisse und die Inteligenz der menschlichen Kultur, aber er ist frei von jeglichen Schuldgefühlen.
Geht man davon aus, dass auch der Monolith ein gefertigtes Ding ist und kein Lebewesen, erscheint HAL als dessen Vorgänger: er verhält sich zum Monolithen als Technik so, wie der Menschenaffe Moonwatcher zum Astronauten David Bowman. Allerdings sind beide nicht aus sich selbst heraus entstanden, wie der Übermensch sich über die Schwächen der Menschen erhebt, sondern HAL ist von Menschen gebaut. Macht gerade das seine Überlegenheit aus, dass er über seinen Schöpfer hinauswächst, wie der Übermensch über den christlichen Gott? Sidn wir alle bereits Übermenschen, da wir uns seit mehreren Jahrhunderten von Religion distanzieren und jeweils unsere eigenen, individuellen Wertesysteme aufstellen?


K

04.12.2009

6. Sitzung - Der Mythos vom ersten Mord


Auf der Grundlage der Lektüre (H. Böhme: "Von Affen und Menschen. Zur Urgeschichte des Mordes") beschäftigen wir und mit dem Mord als anthropologische Konstante. Wie auch in 2001 gezeigt, ist Gewalt der Technik inhärent: können die Menschenaffen Knochen als Werkzeuge benutzen, beginnen sie, damit andere Tiere zur Nahrung, zur Abwehr und bald auch zu Zwecken der territorialen Konrtolle zu töten.
Bereits in der Bibel taucht der erste Mord auf: Nachdem Jahwe das Fleischopfer Abels, aber nicht das Getreideopfer Kains annimmt, erschlägt er den ersteren. Als Repräsentanten zweier rivalisierender Kulturen (Hirte und Ackerbauer) stehen sie hier am Beginn der innerartlichen Tötung.
Bei Freud geschieht der erste Mord aus sexueller Konkurrenz: das in dieser Hinsicht überlegene alpha-Männchen wird ermordet, woraufhin die empfundenen Schuldgefühle dazu führen, dass der Getötete fortan als Gott verehrt wird. Das Exogamiegebot hilft, in Zukunft Paarungskonflikte zu vermeiden, so dass nun lediglich Stammesfremde als Konkurrenz in Frage kommen. Im Opfermord wird Gewalt ritualisiert, die kathartische Wirkung trägt fortan zur Prävention von Gewalt bei.















In 2001 findet sich der vermutlich sauberste Mord der Filmgeschichte: die an HAL angeschlossenen, sich im Tiefschlaf befindlichen Besatzungsmitglieder werden von HAL einfach abgeschaltet, wie eine Maschine. Wir sehen keinen Todeskampf, kein Blut, der Tod wird lediglich durch die flatline markiert. Das vollends in die Maschine eingebettete Menschenleben endet wie das einer Maschine.


K

25.11.2009

5. Sitzung - Mensch und Technik


Werkzeuggebrauch spielt eine zentrale Rolle in der Entstehung und Entwicklung der menschlichen Kultur. Im ersten Teil von 2001, "The Dawn of Man", zeigt uns Kubrick den ersten Werkzeuggebrauch durch Menschenaffen, die entdecken, dass ein Knochen als Waffe benutzt werden kann und sich so gegen rivalisierende Tierherden am Wasserloch durchsetzen und zudem ihr dürftiges Nahrungsangebot durch Fleisch ergänzen können. Die wohl berühmteste Ellipse der Filgmeschichte, Knochen - Raumschiff, versetzt uns mehrere Millionen Jahre weiter, an den Höhepunkt technischer Entwicklung: Die Menschheit ist regelmäßig im Weltall unterwegs, es gibt Kolonien auf dem Mond und eine Reise zum Jupiter mithilfe eines intelligenten Supercomputers steht an.


















Die Technik bildet hier eine zweite Natur, einen künstlich geschaffenen Lebensraum, der den Lebensraum Erde in einer vollends lebensfeindlichen Umgebung, im Weltall, rekonstruiert. Die Astronauten leben im Inneren der spermiumförmigen "Discovery" unter Einwirkung künstlicher Schwerkraft, ein Teil von ihnen in künstlichem Schlaf, das Raumschiff wird von einem küstlichen Besatzungsmitglied, das mit überlegener Intelligenz und scheinbareren Emotionen ausgestattet ist, gesteuert. Die Technik ermöglicht hier das Überleben der Menschen im All, während sie sich immer mehr von der ursprünglichen Natur (Lebensraum Erde) entfernen und entfremden.


K

20.11.2009

4. Situzng - Raumfahrt & Computer


Auf der Grundlage der Lektüre befassen wir uns mit der Möglichkeit künstlicher Intelligenz und eines HAL-ähnlichen Supercomputers. HAL lässt sich besonders auf die Euphorie der 60er Jahre zurückführen, die aus der rasanten aktuellen technischen Entwicklung auf die zukünftige schloss und deshalb die computertechnischen Möglichkeiten im Jahr 2001 auf einem nach heutigem Verständnis utopischen Niveau ansetzte.















Bezüglich der Dartellung von Raumfahrt lässt sich feststellen, dass sie auf besonders realistische Weise erfolgt. Im Gegensatz zu den Science Fiction-Filmen der 50er Jahre und der Zeit nach Star Wars, zeigt sich in 2001 ein realistischer - kein Science Fiction-typischer magischer - Technikbegriff. Das Leben der Astronauten an Bord ist langweilig und eintönig: Sie schreiben Zahlen auf Papier, drücken Knöpfe und warten elektronische Geräte. Sie jagen keine invasionsfreudigen, menschenähnlichen Außerirdischen (oder werden von ihnen gejagt), landen nicht auf fremden Planeten, wo sie ihre Flagge aufstellen und erst jetzt berechnen, dass der Treibstoff nicht für die Rückfahrt aller reicht. Bis auf eine seltsame Schwäche, die allerdings der Plotentwicklung dient (Bowman vergisst, beim Herausgehen seinen Helm aufzusetzen, was für einen routinierten Raumfahrer selbst in Stresssituationen eher unwahrscheinlich ist), scheint das entworfene Bild von Raumfahrt konsistent.


K

12.11.2009

3. Sitzung - Special Effects


Nach einer "Close Reading"-Sichtung von 2001: A Space Odyssey in den ersten beiden Sitzungen, wenden wir uns den Spizialeffekten zu.
D. führt uns in die von Kubrick und seiner Crew verwendeten, aufwendigen Tricktechniken ein: die begehbare Zentrifuge, die für die Aufnahmen des Innenraums der Discovery gebaut wurde; die speziell Entwickelte und immer noch mehr oder minder im Dunkeln liegende Technik, mit der die "Star Gate"-Sequenz erzeugt wurde; die zahlreichen, detaillierten Modelle, die in slow motion aufgenommen wurden; die Frontprojektion, die täuschend echte Aufhnahmen afrikanischer Landschaften in einem englischen Studio ermöglichte uvm.



















Fast zwei Jahre wurden den Spezialeffekten in 2001 gewidmet, die Kubrick mit besonderer Akribie erzeugt haben wollte. Nicht zuletzt wegen der atemberaubend überzeugenden Darstellung der Raumfahrt, entstand das Gerücht, Kubrick habe ein Jahr nach Erscheinen von 2001 die fiktive Mondlandung für die US-Regierung inszeniert. Ebenso musste er sich wegen der realistischen Darstellung in Dr. Strangelove or: How I Learned to Stop Worrying and Love the Bomb gegen (1964) gegen Vorwürfe von Spionage wehren.


K

29.10.2009

The Monolith revealed.

Bei der erneuten Sichtung des Films im nun begonnenen zweiten Teil der Veranstaltung wies eine Kommilitonin auf einen Videoessay auf YouTube hin, in dem der Monolith als Äquivalent zur Leinwand gelesen wird. Im folgenden die beiden Teile des Videoessays:



08.10.2009

Wintersemester

Am Montag fängt die Vorlesungszeit wieder an, wir freuen uns auf die hoffentlich spannende und fruchtbare Fortsetzung unseres PT!
Die Veranstaltung beginnt in der 2. Vorlesungswoche, am 21.10. zur gewohnten Zeit am gewohnten Ort.

Bis dann!

K

25.09.2009

Hausarbeiten

Die erste Hausarbeit ist eingetroffen. Wir freuen uns und sind gespannt.
Alle anderen seien daran erinnert, bis zum Beginn der Vorlesungszeit etwas zu produzieren - sofern ein LN gewünscht ist.

K

23.06.2009

9. Sitzung - Genre- und Autorentheorie


Ein Überblick über die US-amerikanische Filmgeschichte bis in die 50er Jahre ermöglicht uns einen Einblick in die Funktionsweise des Klassischen Hollywood, das nach 1948 in eine erste Krise geriet. Nachdem in diesem Jahr das Studiosystem mit dem Monopol über alle drei Bereiche der Filmindustrie (Produktion, Distribution und Vorführung) per Gerichtsbeschluss zerschlagen wurde, führten weitere Aspekte wie Suburbanisierung und der Aufstieg des Fernsehens als neues Massenmedium zu einem Umbruch in der US-Filmindustrie.

In Europa entfachten währenddessen Debatten um die in den 50er Jahren in Frankreich entstandene Autorentheorie. Nach der deutschen Besetzung und dem damit verbundenen Importverbot amerikanischer Filme, kam nun eine Welle von Hollywoodfilmen nach Frankreich und verursachte eine neue Form der intensiven Auseinandersetzung mit dem US-Film. Alexandre Astruc (*1923), Francois Truffaut (1932-84) und andere entwickelten v.a. in den Cahiers du Cinéma die Idee vom kino als persönlicher Ausdruck des Künstlers. In Großbritannien und USA griffen Kritiker wie Andrew Sarris (*1928) die Ideen auf und hinterfragten gleichzeitig die Rolle des Regisseurs als zentraler Künstler. Insgesamt konnte sich die eher rückschrittliche, romantisierte Vorstellung vom Künslter, der sich in seinem Werk selbst verwirklicht, nicht durchsetzen, die auführlichen Debatten führten jedoch u.a. zur Entstehung der Genretheorie in den USA der 70er Jahre.



Barry Keith Grant definiert das Genre als "categories of kinds or types of artistic or cultural artifacts with certain elements in common", als Elemente nennt er "subject matter, theme, narrative and stylistic conventions, character types, plots, and iconography". Das größte Problem bei Genredefinitionen ist, dass verschiedene Genres nach unterschiedlichen Kriterien bestimmt werden. Z.B. lässt sich der Western eher nach dem Setting oder narrativen Elementen definieren, der Horrorfilm hingegen nach der beabsichtigten Wirkung auf den Zuschauer. Außerdem sind Genrefilme nie reine Genrefilme, sondern Mischungen aus verschiedenen Genres und ihren Elementen.
Während Genrefilme in der Studioära dazu dienlich waren, einfach und schnell Filme zu produzieren, die den Erwartungen des Publikums (die wiederum mit typischen Genreelementen und immer wieder auftauchenden Schauspielern) entsprachen, gilt es heute, Konventionen der Genres zu brechen oder Genres bewusst zu vermischen.


The Great Train Robbery (Edwin S. Porter, USA 1903) gilt als der erste Western

In Bezug auf Science Fiction stellen wir fest, dass es vermutlich dasjenige Genre ist, dass am meisten auf die Verknüpfung mit anderen angewiesen ist. Je nachdem, wie weit oder eng der Begriff gefasst wird, ist es schwieriger, einheitliche Elemente zu finden. Was Science Fiction ist, lässt sich wohl am besten mit Damon Knight sagen:
"science fiction is what we point to when we say it."


K

16.06.2009

8. Sitzung - Science Fiction nach "2001"


Als Beispielfilm für ein Science-Fiction-Kino nach "2001" stellt A. Andrej Tarkowskijs 1972 fertiggestellten Film "Solaris" vor. Der in der Sowjetunion entstandene Film kann zum einen als "Antwort" des Ostblocks auf "2001" und dessen Status als ernstzunehmende Meditation unter den Bedingungen des Science-Fiction-Kinos verstanden werden, ist aber zugleich in manchen Dingen auch ein Gegenentwurf. Mit "2001" gemein hat "Solaris", dass er als ästhetisch erhabene Erfahrung konzipiert ist und sich des SF-Genres bedient, um über philosophische Fragestellungen zu reflektieren. Eine der berühmtesten Sequenzen des Films lässt sich jedoch auch als gezielte Gegenrede in Richtung Kubrick verstehen: Die minutenlange, aus Ichperspektive aufgenommene Fahrt durch ein Tokioter Straßentunnelsystem scheint der Stargate-Sequenz in Kubricks Film zwar zu gleichen, wirkt aber sedierend und entmystifizierend: Indem sie durch ihren banalen (und abschreckenden) Gegenstand jegliche utopische und ästhetische Schwellenerfahrung in Abrede stellt, positioniert sie sich antagonistisch zu Kubricks Filmende.

Weitere Auffälligkeiten: Figuren werden häufig aus einer leicht erhöhten Perspektive gefilmt, als würde ihnen damit ihr eigentlicher Ort - die Erde - zugewiesen. Der Weltraum ist in Tarkowskijs Film kein Ort der Möglichkeiten und der Fremderfahrung, vielmehr stellt er eine gähnende Leere dar, der der anthropozentrische Mensch lediglich sich selbst überstülpen will. Indem er ins All zu entfliehen versucht, löst der Mensch sämtliche Bindungen auf der Erde, seinem eigentlichen Ressort.
Im Gegensatz zu Kubricks Menschen, über deren Biografie fast nichts zu erfahren ist, sind die Menschen in "Solaris" geradewegs vollgesogen mit Erinnerungen, über die sie melancholisch und schwermütig sinnieren.


T

7. Sitzung - Science Fiction vor "2001"


Für die Auseinandersetzung mit filmischer Science Fiction vor "2001" hat W. zahlreiche Materialien vorbereitet. In der gemeinsamen Sichtung von Filmausschnitten konturiert sich dabei das Genre in allgemeinen Zügen: Neben dem Motiv der Reise oder der Queste tritt auch filmästhetisch deutlich hervor, dass Science Fiction nicht so sehr ein Genre über Konflikte von in sozialen Relationen zueinander stehenden Subjekten, sondern vor allem ein objektbezogenes Genre ist, das sich in seinen verschiedenen Ausformungen und Konzeptionen mit dem Verhältnis des Menschen zu Technik und Technologie befasst und dabei spekulative Extrapolationen vornimmt. Fast allen Science-Fiction-Filmen eignet dabei die Verhandlung einer Differenz- und Alteritätserfahrung. Je nach Ambition des jeweiligen Films verhält sich dieser seriös-prognostizistisch (z.B. "Things to Come") oder naiv-"magisch" (z.B. "Flash Gordon"). Damit ist denn auch eine Grundierung des Genres erfasst, derer sich auch "2001" bedient.



Ästhetisch herrscht im Science-Fiction-Kino vor "2001" die Tendenz zur Kulisse vor. Spezialeffekte sind als solche ausgestellt und in ihrer Gemachtheit deutlich erkennbar.
In der kurzen, sich anschließenden Diskussion befassen wir uns vor allem mit dem pathetisch-utopischen Charakter von "2001" im Hinblick auf das vorangegangene und nachgekommene Genrekino. Die "Schubkraft" des SF-Kinos - hinaus ins All! - ist in "2001", wenngleich in deutlich abgeschwächter Form, noch immer spürbar, fehlt den folgenden Filmen aber fast völlig. Beispielhafte Filme wie "Soylent Green", "THX 1138" und "Logan's Run" befassen sich eher mit inneren Konflikten einer Gesellschaft, den Blick hinaus ins All wagt kaum mehr eine Produktion. Wir deuten dies nicht nur als Reaktion auf die erfolgreiche Mondlandung im Jahr 1969, sondern auch als Antwort auf die inneren sozialen Konflikte, die in den westlichen Industrienationen seit den späten 60er Jahren auftreten und ihre Spur auch in benachbarten Genres, wie etwa dem Horrorfilm, hinterlassen haben.


T

28.05.2009

6. Sitzung - historischer und kultureller Kontext


Ein Referat zur Geschichte der Raumfahrt erschließt uns die Entwicklung von Raketen und Raumfahrzeugen sowie den space race während des Kalten Krieges und führt die Diskussion einmal mehr zu Kubricks akribischer Recherche u.a. bezüglich der Raumfahrtästhetik.


Sputnik 1

Anschließend wenden wir uns der Popkultur der 60er Jahre zu. Von der "Stargate"-Sequenz lässt sich eine Verbindung zu halluzinogenen Drogen aufbauen. Ein Ausschnitt aus The Trip (R.: Roger Corman, USA 1967) zeigt, dass Drogentrips im zietgenössischen Kino präsent waren und wie sie aufbereitet wurden. Die typischen farbenfrohen Muster lassen sich auch in weiteren Filmen entdecken, z.B. in der Science Fiction-Soap Opera Barbarella aus dem gleichen Jahr wie 2001 (R.: Roger Vadim, USA 1968) oder Modesty Blaise (R:: Joseph Losey, UK 1966). Letzterer bedient sich in besonderem Maße einer Op-Art-Ästhetik - die typischen, "Augenflimmern" verursachenden Muster sind hier auf Wänden, Einrichtungsgegenständen oder Kleidungsstücken anzutreffen.


Bridget Riley: Movement in Squares, 1961.

Zum Abschluss sehen wir Terrore nello spazio (dt. Titel: Planet der Vampire, R.: Mario Bava, I/E 1965), in dem die Menschheit ebenso fernab im All auf eine körperlose Intelligenz trifft. Diese Geist-Lebewesen bedienen sich parasitär der Körper der Raumfahrer, um ihren sterbenden Planeten zu verlassen und einen neuen zu besiedeln.


K

21.05.2009

5. Sitzung - Raum & Zeit


Nach einem kurzen Nachtrag zum Dialog und Ton in 2001 wenden wir uns in dieser Sitzung den Darstellungen von Raum und Zeit zu.
Nach einer Diskussion zur Schlusssequenz - in der zwar das Zeitgefüge durcheinander gerät, aber nicht der Raum, so gibt es bspw. Schwerkraft - reden wir auf Grundlage der Seminarlektüre über Gravitation im Film.



Wir kommen überein, dass 2001 in gewissem Sinne mit Schwerkraft und der damit verbundenen Orienientierung spielt und so für Desorientierung sorgt. Desorientiert ist sowohl der Zuschauer als auch die Figuren, die oft aus seltsamen Winkeln aufgenommen sind und - im Gegensatz zu HAL - verhältnismäßig schnell die Kontrolle, wenn nicht sogar das Leben, verlieren.



Das Verhältnis von Mensch und Raum, das wir zunächst bspw. an der ersten Aufnahme innerhalb der Discovery, untersuchen, führt uns zu weiteren Filmen von Kubrick. Einige Screenshots aus Barry Lyndon (1975) und Ausschnitte aus The Shining (1980) lenken einen Blick auf Kubricks generelle Darstellung von Räumen. Ebenfalls anhand von The Shining und der Endsequenz aus 2001 lässt sich die Zirkularität der Verläufe festestellen. Der in der Literatur vorgeschlagene Begriff des "ubiquitous space" (S. Mamber), als Raum, der alle seine Zeiten in sich vereint, wird jedoch angezweifelt. In beiden Filmen sind nicht alle Zeiten gleichzeitig präsent, sondern nur bestimmte Zeiten (in The Shining die Hotelparty aus dem Jahr 1921, auf die Jack Torrence gerät, in 2001 die einzelnen Alterungsstufen David Bowmans).



Außerdem reden wir über die großzügige Darstellung von Räumen, z.B. der Korridore in The Shining oder de Landschaften in Barry Lyndon sowie der großzügigen Raumschiffe und -stationen in 2001. Im Gegensatz dazu steht die beengte Ein-Raum-Rakete in Destination Moon (Irving Pichel, USA 1950), den wir anschließend sichten.



K

19.05.2009

4. Sitzung - Musik


Eine kurze theoretische Einführung auf der Grundlage der Seminarlektüre erschließt uns den Begriff der Akusmatik, von altgr. ἅκουσματικοι = "jene, die hörend teilnehmen". Vorbereitend haben wir in der vergangegen Woche Das Testament des Dr. Mabuse (F. Lang, D 1933) angesehen, das uns einen Akusmaten par excellence vorführte.
Das Konzept der Akusmatik nach Michel Chion lässt sich im Bezug auf 2001 auf HAL 9000 anwenden: er ist die omnipräsente, omnipotente, körperlose Stimme, die durch ihre "de-acoumatization" (Daves Eintritt ins "Logic Memory Center") jegliche Macht verliert.

Überhaupt sind nur 42 von 160 min mit Dialogen gefüllt, die sich zudem durch bemerkenswert banale Inhalte auszeichnen. Im Vakuum des Weltraums herrscht konsequenterweise Stille, bis auf das Gespräch zwischen HAL und dem ausgesperrten Dave. Im Kontrast zu dieser minimalistischen Lautlosigkeit steht die zum Teil sehr pompöse Musikuntermalung, z.B. durch "An der schönen blauen Donau" oder "Also sprach Zarathustra". In der Verwendung vorhandener Musikstücke anstatt eines (zu diesem Zeitpunkt seit Jahrzehnten üblichen) für den Film komponierten Soundtracks, greift 2001 auf eine Praxis des frühen Stummfilms zurück. Unter anderem wegen dieses oft als primitiv und willkürlich gedeuteten Umgangs mit Musik wurde Kubrick nach den Uraufführungen von 2001 gern kritisiert.

Nach der Sichtung einzelner Szenen, z.T. mit alternativer Tonspur (die im Vergleich zum eigenwilligen endgültigen Soundtrack von 2001 deutlich an Wirkung missen lässt), widmen wir uns zum Schluss dem "Ableben" von HAL 9000. In dieser Szene entdecken wir ein Zeugnis von Kubricks penibler Recherche: Das Kinderlied "Daisy Bell", das HAL - zurückgeworfen in seine erste Stunde - singt, ist das erste Lied, das eine computergenerierte Stimme gesungen hat. Aufgrund der Häufigkeit von Vokalen schien es besonders geeignet, um es 1961 dem IBM (!) 7094 beizubringen.




K

12.05.2009

Pink Floyd and the ending of "2001"


Zu den schönsten Verschwörungstheorien, mindestens aber zu den schönsten Zufällen der Filmgeschichte, gehört die Tatsache, dass Pink Floyds episch ausladendes Stück Echoes vom Album "Meddle" sich als verblüffend synchron zur Sequenz Jupiter and beyond the Infinite erweist. Wikipedia:
Similar to the the Dark Side of the Rainbow effect, it is rumoured[7] that "Echoes" synchronizes with Stanley Kubrick's 1968 film 2001: A Space Odyssey when played concurrently with the final segment (entitled "Jupiter and Beyond the Infinite").

"Echoes" was released 3 years after the film and is 23 minutes and 31 seconds in length, similar to the "Infinite" segment. Sounds in the middle part of the song suggest to some listeners the feeling of travelling through an alien world. The drone vocalizations heard in the final scenes of 2001 seem to match with the discordant bass vibrations in the middle of "Echoes" as well the choral glissandos of its finale. Some argue that there are moments when the song and film soundtrack are nearly indistinguishable. Another notable link occurs during a change in scene at precisely the moment when guitar and keyboards crescendo as the lyrics re-enter for the final verse. Almost as a bonus, the early lyrics contain references to planets, which seems entirely suitable for the film's depiction of Jupiter and its moons. Adrian Maben re-created this marriage of music and image in his director's cut of Live at Pompeii using CGI.

The members of the band always denied that the synchronization was intentional. Furthermore, the technology to play back film in a recording studio circa 1971 would have been expensive and difficult for the band to acquire. Roger Waters is sometimes quoted as saying that the band's failure to contribute music on 2001's official score was his "greatest regret"[7].

The 1973 George Greenough film "Crystal Voyager" concludes with a 23 minute segment in which the full length of "Echoes" accompanies a montage of images shot by Greenough from a camera mounted on his back while surfing on his kneeboard.
Auf VideoGoogle findet sich eine synchronisierte Fassung von Echoes und "2001":


2001: Premiere.

Ein kleines Fundstück: Stanley Kubrick bei der Weltpremiere von "2001".

3. Sitzung - Allgemeine Diskussion


Mit einem instruktiven Inputreferat über die zeitgenössischen Reaktionen beginnt G. die Sitzung. In dessen Verlauf stellt sich heraus, dass "2001" zu seiner Welturaufführung eher skeptische, durchwachsene und irritierte Reaktionen hervorrief. Über die visuelle und technische Brillanz besteht zwar weithin Konsens, bemängelt werden aber u.a. die faktischen und gefühlten Längen des Films, die mäßig entwickelten Charaktere und das Fehlen eines klassischen Plots: Eine erste Spur für uns, dass die üblichen Parameter zur Bewertung klassischer Hollywoodfilme für "2001" eher nicht geeignet sind.

Dass solche Überforderungen - auch wenn der Film mittlerweile fest im Kanon einsortiert ist - noch heute und gerade auch an uns selbst zu beobachten sind, leitet uns zur freien und assoziativen Diskussion unserer Beobachtungen über. Dass der Film Längen aufweist, steht außer Frage; überraschend vor dem Hintergrund gewandelter Sehgewohnheiten aber ist, dass "2001" auch 1968 als krasse Entschleunigung wahrgenommen wurde.
Ein Hinweis auf die bereits entschleunigend wirkende Ouvertüre führt uns zu allgemeinen Beobachtungen des Musikeinsatzes in "2001". Auffällig ist, dass die Musik vor allem Maschinenauftritte, selten aber menschliche Aktivitäten untermalt: Raumschiffe tanzen vergnügt im All, sogar eine sexuelle Vereinigung wird angedeutet. Demgegenüber erscheinen Menschen in "2001" als einer blanken Rationale folgende Funktionsträger, geradeso als hätten sie - begreift man "2001" als eine Seinsgeschichte des Menschen unter dem Horizont seines Verhältnisses zu seiner Technik - emotionale und ästhetische Aspekte ihres Seins im Zuge in die Technologie exkorporiert. So ist es denn auch der Bordcomputer HAL 9000, der in "2001" am "menschlichsten" erscheint: Er neigt zu Fehlern und Hybris, ist eitel und rachsüchtig und bettelt bei seiner Entmachtung um Gnade. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Schluss von "2001" als Überwindung der materiellen Angewiesenheiten des Menschen deuten, als Schwellenschritt einer neuen Seinsstufe des Menschen.

Zum Ende hin diskutieren wir noch einige kunstgeschichtliche Aspekte. Festgestellt wird hierbei die ikonografische Nähe der Szene mit dem gealterten Bowman auf dem Sterbebett zu Michelangelos "Adam", sowie die Ähnlichkeit zwischen dem Monolithen und dem "Schwarzen Quadrat" von Malewitsch.


26.04.2009

Kubricks Anregungen

Da im Seminar die Frage aufkam, was Kubrick inspiriert haben könnte und nicht umgekehrt, hier ein Artikel von Marcus Hammerschmitt, der auf einen russischen Film aus den 50ern verweist. Dabei bezieht er sich vor allem auf diesen Artikel von Mark Wade.


K

25.04.2009

Kritiken


Ich habe die Linkliste ein wenig mit Filmkritiken gefüttert. Da wir in der übernächsten Sitzung einige Rezensionen ansehen wollen, kann hier schonmal gestöbert werden. Eine Auswahl folgt noch (moodle).

Viel Spaß!


K

23.04.2009

1. Sitzung - Einführung & Organisatorisches


Die erste Sitzung hat am Mittwoch erfolgreich stattgefunden, mit ganzen 13 Teilnehmern - etwas weniger als erwartet / erhofft, aber wohl dennoch mehr, als in Projekttutorien üblich. Immerhin ist die Interdisziplinarität gewahrt (sofern die Zusammensetzung so bleibt): fast die Hälfte der Teilnehmer studiert nicht Kulturwissenschaft. Einige weitere Teilnehmer, die gestern nicht da sein konnten, haben sich bereits angekündigt, die Zahl bleibt also hoffentlich oder wächst vielleicht sogar.

Es ist leider im KVV etwas untergegangen (um nicht zu sagen, ignoriert worden), dass wir Leistungsnachweise vergeben und einem Master-Modul zugeordnet sind. Sollte das ein Anreiz sein, Scheine können im Magisterhauptstudium und Masterstudiengang erworben werden. Ich hoffe, die Nicht-KuWis bleiben uns trotz fehlender Möglichkeit zum Scheinerwerb erhalten.
















Jedenfalls sieht es bisher so aus, als wäre unser Plan angenommen und akzeptiert worden (zumindest hat sich trotz wiederholter Nachfrage keiner beschwert): Die einzelnen Sitzungen sollen von den Teilnehmern moderiert werden, dabei soll weder der vorab gemeinsam angesehene Film, noch der gelesene Text im Vordergrund stehen. Vielmehr soll beides, zusammen mit dem vom "Moderator(-enteam)" aufbereiteten Material, Grundlage der Diskussion sein. Zusätzliche Filme werden zur privaten Sichtung hinterlegt und können mitgenommen werden.
Einige Themen sind schon zur Hälfte vergeben, auch eigene Ideen der Teilnehmer wurden geäußert und werden demnächst in einen aktualisierten Wochenplan integriert. Lücken unsererseits wurden aufgezeigt, z.B. haben wir keinen historischen Kontext integriert. Außerdem versuche ich noch, meinen Partner dazu zu überreden, dass wir eine winzige Einführung in die Filmanalyse geben. Das ist vielleicht nicht mordsmäßig spannend, aber bestimmt recht hilfreich.

Wir haben uns vorgenommen, zu jeder Sitzung etwas in den Blog zu schreiben, um am Ende eine Art Protokoll des Projekttutoriums zu erhalten. Die Teilnehmer sind auch angehalten, uns alles mögliche zuzuschicken, was sie finden und haben die Möglichkeit, Essays, die sie im PT verfassen, im Blog zu veröffentlichen. Sollte jemand besonders ambitioniert sein, wird er als Blog-Co-Autor eingeladen.

Wenn alle Spaß und Interesse haben, wird das ein tolles Tutorium :-)


K

31.01.2009

2001 bei der Berlinale


In der Retrospektive läuft die restaurierte 70mm-Fassung am 13.2. 9.30h und am 14.2. 22h im Kino International.
Ansehen!