19.05.2009

4. Sitzung - Musik


Eine kurze theoretische Einführung auf der Grundlage der Seminarlektüre erschließt uns den Begriff der Akusmatik, von altgr. ἅκουσματικοι = "jene, die hörend teilnehmen". Vorbereitend haben wir in der vergangegen Woche Das Testament des Dr. Mabuse (F. Lang, D 1933) angesehen, das uns einen Akusmaten par excellence vorführte.
Das Konzept der Akusmatik nach Michel Chion lässt sich im Bezug auf 2001 auf HAL 9000 anwenden: er ist die omnipräsente, omnipotente, körperlose Stimme, die durch ihre "de-acoumatization" (Daves Eintritt ins "Logic Memory Center") jegliche Macht verliert.

Überhaupt sind nur 42 von 160 min mit Dialogen gefüllt, die sich zudem durch bemerkenswert banale Inhalte auszeichnen. Im Vakuum des Weltraums herrscht konsequenterweise Stille, bis auf das Gespräch zwischen HAL und dem ausgesperrten Dave. Im Kontrast zu dieser minimalistischen Lautlosigkeit steht die zum Teil sehr pompöse Musikuntermalung, z.B. durch "An der schönen blauen Donau" oder "Also sprach Zarathustra". In der Verwendung vorhandener Musikstücke anstatt eines (zu diesem Zeitpunkt seit Jahrzehnten üblichen) für den Film komponierten Soundtracks, greift 2001 auf eine Praxis des frühen Stummfilms zurück. Unter anderem wegen dieses oft als primitiv und willkürlich gedeuteten Umgangs mit Musik wurde Kubrick nach den Uraufführungen von 2001 gern kritisiert.

Nach der Sichtung einzelner Szenen, z.T. mit alternativer Tonspur (die im Vergleich zum eigenwilligen endgültigen Soundtrack von 2001 deutlich an Wirkung missen lässt), widmen wir uns zum Schluss dem "Ableben" von HAL 9000. In dieser Szene entdecken wir ein Zeugnis von Kubricks penibler Recherche: Das Kinderlied "Daisy Bell", das HAL - zurückgeworfen in seine erste Stunde - singt, ist das erste Lied, das eine computergenerierte Stimme gesungen hat. Aufgrund der Häufigkeit von Vokalen schien es besonders geeignet, um es 1961 dem IBM (!) 7094 beizubringen.




K

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen