17.12.2009

8. Sitzung - Heldentum und Initiation


Auf der Basis von Joseph Campbells The Hero with a Thousand Faces beschäftigen wir uns mit Topoi des Heldentums und mit Stadien der Initiation. Campbells "Monomythos" (ein Begriff, den er von James Joyce übernommen hat) beschreibt die immer wiederkehrende Grundstruktur der Heldensage, die seiner Ansicht nach Urängste und psychische Zustände der Menschheit widerspiegeln und sich deshalb überall auf der Welt in Sagen und Mythen finden lassen. Die Reise des Helden besteht aus drei Teilen: Aufbruch, Prüfungen und Wiederkehr. Der Held muss in eine andere Welt ausziehen, wo er initiiert wird und ein besonderes Wissen oder einen wertvollen Gegenstand erlangt. Bei seiner Rückkehr nützt dieses Wissen bzw. der Gegenstand seiner heimischen Gesellschaft, wenn es ihm gelingt, das Wissen einzugliedern bzw. weiterzugeben.

























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P. stellt uns neben den Monomythos auch dessen Einfluss v.a. auf Hollywoods Drehbücher vor, deren prominentestes Beispiel wohl George Lucas' Star Wars ist. Aus Arthur C. Clarkes Tagebuch geht hervor, dass Kubrick ihm The Hero with a Thousand Faces 1964 zur Lektüre gegeben hat, während die am Drehbuch zu 2001 arbeiteten. Trotzdem lässt sich der Monomtyhos hier nicht direkt wiedererkennen - vielmehr werden mehrere ineinander geschachtelte Monomythen auf mehreren Ebenen erzählt:
1. Die gesamte Menschheit bekommt den Ruf in der "Dawn of Man"-Sequenz, zieht in das Weltall als fremdartigen, lebensfeindlichen Raum aus, wo ein besonderes Wissen auf dem Jupiter gefunden werden und anschließend auf die Erde zurückgebracht werden soll.
2. Die Crew der "Discovery" ist der Protagonist, der in den Weltraum auszieht, um eine Mission zu erfüllen. Alle Besatzungsmitglieder außer Bowman scheitern, dieser überquert die Schwelle in der "Stargate"-Sequenz und gelangt so in die fremdartige Traumwelt im Hotelzimmer, wo er zum "Star Child" wird, das als erleuchetes Wesen wieder zur Erde zurückkehrt.
3. Bowman ist der durch den Tod Pooles berufene Held, der auf eine Minireise im Pod außerhalb der "Discovery" zieht und anschließend erfolgreich den Gegenspieler HAL besiegt, indem er durch eine List in die "Drachenhöhle" eintritt und den Computer ausschaltet.


K

11.12.2009

7. Sitzung - Nietzsches Übermensch


Nietzsches Konzept des Übermenschen zieht sich durch mehrere seiner Werke, wobei es nirgends eindeutig erörtert wird und mehrere Widersprüche aufweist. Entsprechend gestaltet es sich schwierig, Parallelen zu finden - die Musikuntermalung ("Also sprach Zarathustra") und zahlreiche Nietzsche heranziehende Interpretationsversuche lassen eine Verbindung zwischen Nietzsches Philosophie und 2001 vermuten.
Kommt der Monolith wie Zarathustra auf die Erde herab, um die Menschheit auf ihre nächste Stufe vorzubereiten? Ist das scheinbar aus Bowman emergierte Star Child auf dieser höheren Entwicklungsstufe angesiedelt? Ist der Übermensch vielmehr in der Technik zu sehen - in HAL, der den menschlichen Besatzungsmitgliedern überlegen scheint? Er vereint in sich die Erkenntnisse und die Inteligenz der menschlichen Kultur, aber er ist frei von jeglichen Schuldgefühlen.
Geht man davon aus, dass auch der Monolith ein gefertigtes Ding ist und kein Lebewesen, erscheint HAL als dessen Vorgänger: er verhält sich zum Monolithen als Technik so, wie der Menschenaffe Moonwatcher zum Astronauten David Bowman. Allerdings sind beide nicht aus sich selbst heraus entstanden, wie der Übermensch sich über die Schwächen der Menschen erhebt, sondern HAL ist von Menschen gebaut. Macht gerade das seine Überlegenheit aus, dass er über seinen Schöpfer hinauswächst, wie der Übermensch über den christlichen Gott? Sidn wir alle bereits Übermenschen, da wir uns seit mehreren Jahrhunderten von Religion distanzieren und jeweils unsere eigenen, individuellen Wertesysteme aufstellen?


K

04.12.2009

6. Sitzung - Der Mythos vom ersten Mord


Auf der Grundlage der Lektüre (H. Böhme: "Von Affen und Menschen. Zur Urgeschichte des Mordes") beschäftigen wir und mit dem Mord als anthropologische Konstante. Wie auch in 2001 gezeigt, ist Gewalt der Technik inhärent: können die Menschenaffen Knochen als Werkzeuge benutzen, beginnen sie, damit andere Tiere zur Nahrung, zur Abwehr und bald auch zu Zwecken der territorialen Konrtolle zu töten.
Bereits in der Bibel taucht der erste Mord auf: Nachdem Jahwe das Fleischopfer Abels, aber nicht das Getreideopfer Kains annimmt, erschlägt er den ersteren. Als Repräsentanten zweier rivalisierender Kulturen (Hirte und Ackerbauer) stehen sie hier am Beginn der innerartlichen Tötung.
Bei Freud geschieht der erste Mord aus sexueller Konkurrenz: das in dieser Hinsicht überlegene alpha-Männchen wird ermordet, woraufhin die empfundenen Schuldgefühle dazu führen, dass der Getötete fortan als Gott verehrt wird. Das Exogamiegebot hilft, in Zukunft Paarungskonflikte zu vermeiden, so dass nun lediglich Stammesfremde als Konkurrenz in Frage kommen. Im Opfermord wird Gewalt ritualisiert, die kathartische Wirkung trägt fortan zur Prävention von Gewalt bei.















In 2001 findet sich der vermutlich sauberste Mord der Filmgeschichte: die an HAL angeschlossenen, sich im Tiefschlaf befindlichen Besatzungsmitglieder werden von HAL einfach abgeschaltet, wie eine Maschine. Wir sehen keinen Todeskampf, kein Blut, der Tod wird lediglich durch die flatline markiert. Das vollends in die Maschine eingebettete Menschenleben endet wie das einer Maschine.


K