12.05.2009

3. Sitzung - Allgemeine Diskussion


Mit einem instruktiven Inputreferat über die zeitgenössischen Reaktionen beginnt G. die Sitzung. In dessen Verlauf stellt sich heraus, dass "2001" zu seiner Welturaufführung eher skeptische, durchwachsene und irritierte Reaktionen hervorrief. Über die visuelle und technische Brillanz besteht zwar weithin Konsens, bemängelt werden aber u.a. die faktischen und gefühlten Längen des Films, die mäßig entwickelten Charaktere und das Fehlen eines klassischen Plots: Eine erste Spur für uns, dass die üblichen Parameter zur Bewertung klassischer Hollywoodfilme für "2001" eher nicht geeignet sind.

Dass solche Überforderungen - auch wenn der Film mittlerweile fest im Kanon einsortiert ist - noch heute und gerade auch an uns selbst zu beobachten sind, leitet uns zur freien und assoziativen Diskussion unserer Beobachtungen über. Dass der Film Längen aufweist, steht außer Frage; überraschend vor dem Hintergrund gewandelter Sehgewohnheiten aber ist, dass "2001" auch 1968 als krasse Entschleunigung wahrgenommen wurde.
Ein Hinweis auf die bereits entschleunigend wirkende Ouvertüre führt uns zu allgemeinen Beobachtungen des Musikeinsatzes in "2001". Auffällig ist, dass die Musik vor allem Maschinenauftritte, selten aber menschliche Aktivitäten untermalt: Raumschiffe tanzen vergnügt im All, sogar eine sexuelle Vereinigung wird angedeutet. Demgegenüber erscheinen Menschen in "2001" als einer blanken Rationale folgende Funktionsträger, geradeso als hätten sie - begreift man "2001" als eine Seinsgeschichte des Menschen unter dem Horizont seines Verhältnisses zu seiner Technik - emotionale und ästhetische Aspekte ihres Seins im Zuge in die Technologie exkorporiert. So ist es denn auch der Bordcomputer HAL 9000, der in "2001" am "menschlichsten" erscheint: Er neigt zu Fehlern und Hybris, ist eitel und rachsüchtig und bettelt bei seiner Entmachtung um Gnade. Vor diesem Hintergrund lässt sich der Schluss von "2001" als Überwindung der materiellen Angewiesenheiten des Menschen deuten, als Schwellenschritt einer neuen Seinsstufe des Menschen.

Zum Ende hin diskutieren wir noch einige kunstgeschichtliche Aspekte. Festgestellt wird hierbei die ikonografische Nähe der Szene mit dem gealterten Bowman auf dem Sterbebett zu Michelangelos "Adam", sowie die Ähnlichkeit zwischen dem Monolithen und dem "Schwarzen Quadrat" von Malewitsch.


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