16.06.2009

8. Sitzung - Science Fiction nach "2001"


Als Beispielfilm für ein Science-Fiction-Kino nach "2001" stellt A. Andrej Tarkowskijs 1972 fertiggestellten Film "Solaris" vor. Der in der Sowjetunion entstandene Film kann zum einen als "Antwort" des Ostblocks auf "2001" und dessen Status als ernstzunehmende Meditation unter den Bedingungen des Science-Fiction-Kinos verstanden werden, ist aber zugleich in manchen Dingen auch ein Gegenentwurf. Mit "2001" gemein hat "Solaris", dass er als ästhetisch erhabene Erfahrung konzipiert ist und sich des SF-Genres bedient, um über philosophische Fragestellungen zu reflektieren. Eine der berühmtesten Sequenzen des Films lässt sich jedoch auch als gezielte Gegenrede in Richtung Kubrick verstehen: Die minutenlange, aus Ichperspektive aufgenommene Fahrt durch ein Tokioter Straßentunnelsystem scheint der Stargate-Sequenz in Kubricks Film zwar zu gleichen, wirkt aber sedierend und entmystifizierend: Indem sie durch ihren banalen (und abschreckenden) Gegenstand jegliche utopische und ästhetische Schwellenerfahrung in Abrede stellt, positioniert sie sich antagonistisch zu Kubricks Filmende.

Weitere Auffälligkeiten: Figuren werden häufig aus einer leicht erhöhten Perspektive gefilmt, als würde ihnen damit ihr eigentlicher Ort - die Erde - zugewiesen. Der Weltraum ist in Tarkowskijs Film kein Ort der Möglichkeiten und der Fremderfahrung, vielmehr stellt er eine gähnende Leere dar, der der anthropozentrische Mensch lediglich sich selbst überstülpen will. Indem er ins All zu entfliehen versucht, löst der Mensch sämtliche Bindungen auf der Erde, seinem eigentlichen Ressort.
Im Gegensatz zu Kubricks Menschen, über deren Biografie fast nichts zu erfahren ist, sind die Menschen in "Solaris" geradewegs vollgesogen mit Erinnerungen, über die sie melancholisch und schwermütig sinnieren.


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